12 Schusszeichen – die Bedeutung für die Jagd.

Schusszeichen…
Um hier von Beginn an Klarheit zu schaffen: dies ist kein Artikel über Kunstförderung bei unseren Wildtieren. Ich spreche in diesem Artikel über ein für den Jäger sehr wichtiges Thema:

Wie reagiert das Wild wenn es beschossen wurde.

Personen die sich nicht eingehend mit der Jagd befassen, mag dieses Thema verstören für uns Jäger ist es jedoch sehr wichtig…

Was bedeutet ‘Zeichnen’

Kurz gesagt beschreibt der Begriff ‘Zeichnen’ im jagdlichen Sinn, die Reaktion des Wildes auf den Einschlag der Kugel oder Schrotgarbe in den Körper. Diese als ‘Schusszeichen’ bekannten Reaktionen, fallen je nach Wildart unterschiedlich aus und helfen dem Jäger zu beurteilen wo genau das Geschoss traf.

Es mag manchen erstaunen, dass man erst auf Grund der Reaktion des Wildes nach dem Schuss beurteilen kann wo das Geschoss den Wildkörper wirklich getroffen hat!?

Die Erklärung hierzu ist relativ einfach…

Im Normalfall trifft die Kugel dort wo der Jäger das will – der klassische Blattschuss (mehr dazu später).
Da die Jagd aber nicht immer unter optimalen Umständen stattfinden kann – Wetter, das Wild steht nicht ruhig, Objekte zwischen Jäger und Wild die nicht offensichtlich sind – kommt es zu Abweichungen der Trefferlage die nicht gewollt sind.

In diesen Fällen ist es wichtig, das der Jäger die Reaktion des beschossenen Stückes richtig erkennt und interpretieren kann.

Für manchen Jäger fällt die Anspannung auf der Jagd erst, wenn das beschossene Wild direkt nach dem Schuss tot zusammenbricht – das was man möchte: das Wild spürt nicht das es erlegt wurde. Oftmals ist der Schuss aber auch der Beginn des Bangens…

Damit eine Sau im Schuss liegt braucht es den korrekt angetragenen Schuss…

Das erste Schusszeichen: der Kugelschlag

Der Kugelschlag gehört im weitesten Sinn ebenfalls zu den Schusszeichen. Das Geräusch der Kugel die den Wildkörper trifft geht oftmals im Mündungsknall unter, dies besonders dann wenn das Wild nahe steht. Bei Distanzschüssen und abseits der Mündung ist der Kugelschlag besser zu vernehmen.

Ein klatschendes Geräusch spricht für einen Blattschuss, ein dumpfes Geräusch für einen Waidwundschuss und am harten, hellen Klang erkennt man einen Knochenschuss.

Die Existenz des Kugelschlages wird unter Jägern immer noch kontrovers diskutiert – ich persönlich habe ihn schon gehört. Es ist aber problematisch dieses Geräusch mit der modernen Gehörschutztechnik (zB. 3M Peltor) wahrzunehmen…

Hier hilft die Verwendung eines Schalldämpfers. Mit diesem ist es möglich ohne Gehörschutz zu schiessen und die Chance erheblich zu erhöhen den Kugelschlag zu hören. Die moderatere Reaktion der Waffe – weniger Hochziehen – fördert auch den ‘Blick durchs Feuer’…

Die erste Herausforderung: Blick durchs Feuer

Haben Sie schon mal einen Schuss mit einer Feuerwaffe abgegeben? Erinnern Sie sich an das was während der Schussabgabe im Ziel abgelaufen ist?

Genau hier sind wir an einem Zentralen Punkt: man muss erlernen den Blick während der Schussabgabe auf dem Ziel zu halten! Nur der ‘Blick durchs Feuer’ ermöglicht es dem Schützen das Zeichnen des Wildes wahrzunehmen – denn, noch während das Mündungsfeuer sichtbar ist und der Knall des Schusses erklingt, ist die Kugel im Ziel und das Wild zeichnet.

Schusszeichen
  • Save
Mündungsfeuer einer Handfeuerwaffe (© Frank Trapp)

Sich diese unabdingbare Möglichkeit der Wahrnehmung anzueignen ist für manchen Jäger eine Herausforderung. Hier hilft nur konstantes Training bei Übungsschiessen…

Welche Schusszeichen kennt man?

Es sind Reaktionen wie ‘aufbäumen’ oder ‘zusammenbrechen’ die wir als Schusszeichen kennen und interpretieren müssen.

Die Schusszeichen im einzelnen

Hochblatteschuss

Zeichnen

Pirschzeichen

Schusswirkung

Nachsuche

  • Hochflucht

  • Dann schlagartiges Zusammenbrechen

  • Viel Lungenschweiss

  • Lungenteilchen

  • Tödlich

  • Kurze Flucht

  • Totsuche

  • Einfach

  • Wartezeit: Kurz

Tiefblattschuss

Zeichnen

Pirschzeichen

Schusswirkung

Nachsuche

  • Hochflucht

  • Fortstürmen

  • Baldiges Zusammenbrechen

  • Sehr viel Lungenschweiss

  • Herzschweiss

  • Lungenteilchen

  • Tödlich

  • Kurze Flucht

  • Totsuche

  • In der Regel keine

  • Wartezeit: Kurz

Krellschuss

Zeichnen

Pirschzeichen

Schusswirkung

Nachsuche

  • Blitzartiges Zusammenbrechen

  • Lähmungsphase: Am Boden liegen, teilweise mit „Schlegeln“ der Läufe

  • Anschließend plötzliches hoch werden und Flucht

  • Viel Wildbretschweiss

  • Im Verlauf weniger Schweiss

  • Knochensplitter

  • Viel Schnitthaar

  • Teilweise Ausheilung

  • Madenbefall im Sommer

  • Schwierig

  • Lange Flucht

  • Fangschuss (wenn möglich)

Rückgratschuss

Zeichnen

Pirschzeichen

Schusswirkung

Nachsuche

  • Krummrücken

  • Zusammenbrechen

  • Lähmung

  • Heben des Hauptes

  • Bewegung der Vorderläufe

  • Ähnlich dem Krellschuss

  • Sofort bis schnell tödlich

  • Keine

  • Fangschuss (wenn möglich)

Waidwundschuss

Zeichnen

Pirschzeichen

Schusswirkung

Nachsuche

  • Zusammenzucken mit Rundrücken

  • Ausschlagen der Hinterläufe

  • Ausschlagen der Hinterläufe

  • Sehr wenig Waidwundschweiss: Blassrot, wässrig

  • Inhalt von Pansen und Gescheide

  • Tödlich nach Stunden bis Tagen

  • Sehr weit

  • Wartezeit: 2-4 Stunden

Leber- / Milzschuss

Zeichnen

Pirschzeichen

Schusswirkung

Nachsuche

  • Zusammenzucken mit Rundrücken

  • Fortziehen mit Krummrücken

  • Leberschweiss: Dunkel, rotbraun, griesig, klebrig

  • Lungenteilchen

  • Tödlich nach Minuten bis Stunden

  • Totsuche

  • In der Regel einfach

  • Wartezeit: 2-3 Stunden

Nierenschuss

Zeichnen

Pirschzeichen

Schusswirkung

Nachsuche

  • Absinken der Hinterhand

  • Flucht mit tiefer Hinterhand

  • Viel und andauerndes Klagen

  • Viel, dunkler Schweiss

  • Nierenteilchen

  • In kurzer Zeit durch hohen Blutverlust tödlich

  • Kurze Nachsuche

  • Wartezeit:
    Mindestens 3 Stunden

  • Fangschuss (wenn möglich)

Laufschüsse

Zeichnen

Pirschzeichen

Schusswirkung

Nachsuche

  • Einknicken des betroffenen Laufs

  • Flucht mit schlackerndem und geschontem Lauf

  • Wildbretschweiss (zunächst viel, im Verlauf wenig)

  • Schnitthaar

  • Knochensplitter (Röhrenknochen, Gelenk)

  • Selten direkt tödlich

  • Sehr schwierig

  • Wildschärfe

  • Wartezeit: 3-6 Stunden (Aufmüdung vermeiden)

Äser- / Gebrechschuss

Zeichnen

Pirschzeichen

Schusswirkung

Nachsuche

  • Zusammenbrechen

  • Flucht mit schüttelndem Haupt

  • Blasiger, schleimiger Schweiss

  • Speichel

  • Schnitthaar

  • Kieferknochen und Zähne

  • Tödlich

  • Langes Leiden

  • Sehr schwierig

  • Hetze kaum möglich

  • Hund mit Wildschärfe

  • Nachschuss!

Drossel- / Schlundschuss

Zeichnen

Pirschzeichen

Schusswirkung

Nachsuche

  • Kaum

  • Heller, blasiger Schweiss

  • Tödlich

  • Leiden über Stunden bis Tage

  • Teilweise schwer

  • Wartezeit: 2-3 Stunden

Trägerschuss

Zeichnen

Pirschzeichen

Schusswirkung

Nachsuche

  • Zusammenbrechen

  • Viel Schweiss

  • Sofort tödlich

  • Vorsicht: hohe Gefahr für einen Drosselschuss!

  • Keine

  • Unwaidmännischer Schuss

Streif- / Wildbretschuss

Zeichnen

Pirschzeichen

Schusswirkung

Nachsuche

  • Unterschiedlich

  • Wildbretschweiss (zunächst viel, dann wenig)

  • Schnitthaar

  • Hautfetzen

  • Ausheilung möglich

  • Madenbefall im Sommer

  • Schwierig

  • Häufig erfolglos

  • Nachschuss!

Unweidmännische Schüsse

Die folgenden Schüsse gelten als unweidmännisch, weil ein hohes Risiko für Fehlschüsse besteht (Die Anwendung als Fangschuss kann teilweise vertretbar sein).

Schuss

Risiko

Spitz von hinten

  • Fehler des Schützen wirken sich deutlich aus.

  • Fehler des Schützen wirken sich deutlich aus.
    Das Risiko für einen Waidwundschuss ist hoch.

Kopfschuss

  • Äserschuss/Gebrechschuss

Tellerschuss (Schwarzwild)

  • Gebrechschuss

  • Drosselschuss

  • Streifschuss

Trägerschuss

  • Drosselschuss → Leidvolles Ersticken/Verhungern

Wie kommt es zu Schüssen, die nicht so wirken wie wir es wollen?

Aus meiner Sicht ist die Fehleinschätzung der Situation und Überschätzung des eigenen Können der wichtigste Risikofaktor.

Der Bock auf den man nun schon Tage ansitzt, steht unvermittelt da. Position und Distanz sind nicht mehr wichtig – Schuss…

Die andere Variante, besonders in der heutigen Zeit in der wir mit dem Beschaffen von Munition kämpfen:

Mist, die Munition die ich immer verwendet habe ist nicht mehr erhältlich! Aber mein Kollege schwärmt immer von der Munition vom Hersteller X? Versuch ich doch gleich mal, ist immerhin noch erhältlich. Raus auf den Ansitz – Schuss…

Solche Beispiele könnte man wohl bis in alle Endlichkeit weiterspinnen. Das Problem ist meist in den Bereichen ‘Selbstüberschätzung’, ‘Zuwenig Übung’ und ‘Unwissen’ begraben.

Die Selbstüberschätzung

Stellt Euch mal folgende Frage: Wann habe ich zuletzt in einem Schiessstand unter besten Bedingungen auf eine Distanz von 150m eine Kugel in den 9er Ring der Scheibe gebracht? Es gibt Schützen die können dies präzise und immer wieder tun. Schön und gut, können sie dies auch ab einem Pirschstock oder angestrichen an einem Baum? Hier muss sich jeder Jäger seines ‘netto’ Könnens bewusst sein. Was im Schiessstand unter Benchrest Bedingungen gelingen mag, muss noch lange nicht in der Natur gelingen.

Werdet Euch im Klaren was Ihr wann könnt!
Jagdschiessen sind eine gute Gelegenheit sich dessen bewusst zu werden!

Zuwenig Übung

Zu diesem Thema kann man nur sagen: schlimm!
Jeder Jäger muss sich in seinen Fertigkeiten weiter Entwickeln und festigen!
Wenn man nur ein oder zwei mal im Jahr im Schiessstand seine Fertigkeit zum sicheren Treffen übt, muss man sich nicht wundern, wenn man nach jedem jagdlichen Schuss eine Nachsuche durchführen muss!

Wer Zeit hat zu jagen hat auch Zeit zu Üben!

Das Unwissen

Jeder von uns hat einmal eine Prüfung abgelegt bei der man sein Wissen unter Beweis stellen musste. Nun sind die Jahr dahin geflossen und Wissen hat sich mit Erfahrung gemischt. Gegen die Erfahrung ist nichts einzuwenden, im Gegenteil, sie ist äusserst Wichtig. Was aber nicht verloren gehen darf ist das Wissen!
Gerade in den Bereichen die das Schiesswesen betrifft, ist es unabdingbar sich das Wissen zu erhalten und sogar auszubauen!

Eine neue Waffenkomponente oder eine neue Munition jagdlich einzusetzen ohne vorher durch einen Probeschuss die Tauglichkeit dieser zu überprüfen ist nichts anderes wie fahrlässig!

Setzt Euch mit Eurem Handwerkszeug auseinander!

In diesem Sinne – eine schöne unfallfreie Herbstjagd ohne Nachsuchen – Weidmannsheil!

  • Save