Gibt es eine ‚Trichinen-Industrie‘?

Trichinen
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Die Frage mag manch einem komisch Vorkommen, aber fragen darf man…

Gibt es sie, die ‚Trichinen-Industrie‘?

Ich möchte darauf Hinweisen, dass dieser Artikel meine Meinung darlegt. Untersuchungen nach Trichinen sind je nach Land und Gesetzgebung Pflicht!

Was sind eigentlich Trichinen ?

Was sagt uns Wikipedia?

Trichinen (Trichinella) sind eine Gattung winziger Fadenwürmer mit parasitischer Lebensweise. Säugetiere, damit auch Menschen, und Vögel dienen als Zwischen- und Endwirt. Hauptüberträger auf den Menschen sind Schweine bzw. deren roh, z. B. als Mett verzehrtes oder ungenügend gegartes Fleisch. Durch Kochen, Pökeln oder Einfrieren werden Trichinen abgetötet, jedoch nicht durch Räuchern.

Trichinen sind also nichts was man auf dem Teller haben möchte!

Das gute am ganzen, der Mensch ist nicht wirklich der Wohnort den der Parasit sich wünscht. Wir sind nur ein sogenannter ‚Fehlwirt‘. Bei uns hört der Lebenszyklus des Parasiten auf, da uns keiner Frisst und die Fortpflanzung somit unterbrochen wird.

Gut, ein kleiner Trost…

Der Lebenszyklus der Trichinen

Gibt es eine 'Trichinen-Industrie'?
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Welche Tiere werden Untersucht?

Nun, jagdlich gesehen ist es der Dachs und die Wildsau die untersucht werden ‚muss‘ – auf das ‚muss‘ komme ich später zurück. Untersucht werden auch Bären – OK, die sind bei uns nicht täglich auf dem Speisezettel – und der Fuchs, ja, der Fuchs ist geniessbar!

Aus Sicht des Käufers von Zuchttieren ist das Hausschwein und das Pferd auf der Liste der Tiere die einer Trichinenschau unterliegen.

Und wie kam es zu diesen Untersuchungen?

In den Jahren 1864 und 1864 gab es in Deutschland – zu jener Zeit das Königreich Preussen – mehrere Epidemien. Eine besonders heftige suchte die Ortschaft Hettstedt heim. Diese führte zum ‚Reichsfleischbeschaugesetzes‘ das im Jahre 1866 in Kraft trat.

Aufgrund dieser Fleischuntersuchungen konnte die jährlichen Fallzahlen von ~15’000 innert 50 Jahren auf 0 gesenkt werden!

Dieses schöne Resultat, darf nicht über die Tatsache hinwegtäuschen, dass Trichinen immer noch bei ca. 20% der erlegten Füchse (DE) gefunden werden. Dieser Umstand führt zur kontinuierlichen Übertragung auf Wildschweine – im schlimmsten Fall auch auf Hausschweine…

Wie wird nach Trichinen gesucht?

Die Probenentnahme bei Wildschwein und Dachs findet beim Aufbrechen des erlegten Wild statt. Es werden Proben aus stark durchbluteten Stellen am Wildkörper gewählt:

  • Zwerchfell
  • Muskulatur des Vorderlaufes
  • Zunge

Zur Untersuchung wird die sog. Verdauungsmethode angewandt. Hierzu werden die Proben im Labor in einem Mixer zerkleinert und anschliessend in einer künstlichen Verdauungsflüssigkeit bei 44-46°C ‚verdaut‘. Die verdaute Masse wird filtriert und das Filtrat wird unter dem Mikroskop nach Trichinenlarven untersucht.

Die Verdauungsflüssigkeit besteht aus Salzsäure und Wasser dazu kommt Pepsin als natürliches Verdauungsenzym.

Der Vorteil dieser Methode: Es werden sowohl freie wie auch verkapselte Larven entdeckt.

Larve aus der Kapsel befreit
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Larve aus der Kapsel befreit

Befund einer Untersuchung

Im Kanton Solothurn kostet eine Untersuchung rund CHF 35.- und geht zu Lasten des Auftraggebers.

Wie viele Fälle sind bekannt?

Im Jahr 2020 wurden 6 Fälle von Trichinellose gemeldet, bei 4 Luchsen und 2 Wölfen.

In den letzten 10 Jahren wurden zwischen 1 und 6 Fälle pro Jahr registriert. Alle Fälle wurden bei fleischfressenden Wildtieren festgestellt (Zeitraum 2011 bis 2020: 89% bei Luchsen und 11% bei Wölfen, Abbildung unten).

Gibt es eine 'Trichinen-Industrie'?
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Trichinellose beim Tier
Quelle: InfoSM, BLV; Stand März 2021

Ja aber, braucht es das alles?

Die Antwort ist aus MEINER Sicht klar: Ja und nein.

Da es sich bei den Trichinen um eine Zoonose handelt, ist die Lage nach Gesetz klar geregelt:

Die Trichinellose beim Tier ist meldepflichtig und gehört zu den zu überwachenden Tierseuchen (TSV, Art. 5).

Somit ist klar, wer Fleisch von der Wildsau oder dem Dachs (wohl eher selten) in Umlauf bringt, muss eine Trichinenschau durchführen. Das Bedeutet auch wenn man das Fleisch Freunden anbietet!

Für den Eigengebrauch…

Für den Eigengebrauch mache ICH keine Trichinenschau – Betonung auf ICH! Zur Prävention halte ich mich an folgende Punkte:

  1. Grundsätzlich kein Fleisch essen, das roh oder nicht sicher gar ist
  2. Abtöten der Parasiten durch Erhitzen: Temperaturen von mindestens 70°C töten Trichinella-Larven sicher ab. Es ist allerdings darauf zu achten, dass diese Temperaturen auch im Kern grösserer Fleischstücke erreicht werden.
  3. Abtöten der Parasiten durch Tieffrieren: Einfrieren des Fleisches bei –15°C über 20 Tage oder bei
    – 23°C über 10 Tage (bei einer Schichtdicke von bis zu 15 cm) tötet die Trichinella-Larven ab.

Räuchern, Pökeln und Trocknen sind keine ausreichenden Massnahmen zur Abtötung der Parasiten.

Und nun?

Zurück zur Frage, braucht es eine Trichinenschau.

Die Antwort lautet: Ja.

Die Gefahr an Trichinellose zu erkranken ist zwar verschwindend klein aber auszuschliessen ist sie nicht. Wenn das Fleisch in den Verkauf kommt gibt es eh nichts mehr zu diskutieren…

Für den Eigenverzehr überlasse ich es jedem selbst.

Was aus meiner Sicht nicht inordnung ist, ist die Tatsache, dass der Erleger des Wildes für die Untersuchung selbst aufkommen muss - im Kanton Solothurn ist die leider der Fall. Man kann nur hoffen, dass die Jagdverwaltung hierzu irgendwann die Meinung ändert!

…und nein, aus meiner Sicht gibt es keine ‚Trichinen-Industrie‘

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